Die Türkei weist Griechen zurück, die EU droht die Türkei, Zypern sei rechtswidrig

Erst das Bericht dann die Analyse: Warum macht die EU einen großen Fehler?

WIEN (yenivatan.at). Im östlichen Mittelmeer steigt die Suche nach Erdgas. Streit um die Vorkommen vor Zyperns Küste. Das türkische Außenministerium wies am 10. Juli Erklärungen von Vertretern Griechenlands und der Europäischen Union zurück, wonach türkische Bohrungen nach Gas und Öl vor Zypern rechtswidrig seien, und erklärte, die EU könne kein unparteiischer Vermittler des Zypernproblems sein. Der Inselstaat war jahrelang als beliebter Fluchtort für Schwarzgeld.

„Da sie [die Türkei] ihre eigenen Festlandsockelrechte im östlichen Mittelmeerraum schützt, wird die Türkei weiterhin die Rechte und Interessen der türkischen Zyprer auf der Insel verteidigen, sofern die griechischen Zyprer türkische Zyprer nicht in die Entscheidungsfindungsmechanismen einbeziehen, einschließlich die Aufteilung der Einnahmen auf Kohlenwasserstoffressourcen und die Gewährleistung ihrer Rechte“, sagte das türkische Außenministerium.

Seit diesem Frühjahr hat Ankara zwei Bohrschiffe –  mit dem Namen Fatih und zuletzt Yavuz – in das östliche Mittelmeer geschickt, um das Recht der Türkei und des TRNC auf die Ressourcen der Region geltend zu machen.

„Unter Hinweis auf die Aktivitäten des türkischen Bohrschiffs Fatih, das im vergangenen Mai im Westen der Insel Zypern seine Tätigkeit aufgenommen hat, wo unsere Regierung 2009 und 2012 Lizenzen für das türkische Erdöl auf unserem Festlandsockel in der Türkei erteilt hat. Das östliche Mittelmeer wurde den Vereinten Nationen gemeldet. Yavuz werde im Auftrag der türkischen Zyprioten in den Lizenzgebieten tätig sein, die die türkische Republik Nordzypern (TRNC) dem türkischen Erdöl im Jahr 2011 gewährt hat. „, zitierte das türkische Ministerium, das zweite Bohrschiff des Landes, Yavuz, sei im Süden der Karpas-Halbinsel stationiert worden.

Das unter türkischer Flagge fahrende Bohrschiff Fatih hat im Mai dieses Jahres, in einem Gebiet 75 Kilometer vor der Westküste der Insel Zypern, Offshore-Bohrungen durchgeführt. Die Türkei hat die einseitigen Bohrungen der griechisch-zypriotischen Regierung im östlichen Mittelmeerraum stets bestritten und geltend gemacht, dass die TRNC (Türkisches Nortzypern) auch Rechte an den Ressourcen in der Region habe.

„In diesem Zusammenhang unterstützen wir uneingeschränkt die jüngsten Erklärungen der türkisch-zypriotischen Behörden, die 2001 Lizenzen für türkisches Erdöl erteilt haben und die in der Tat die rechtmäßige und legitime Grundlage für den Betrieb unseres Bohrschiffs Yavuz darstellen.Wir finden es ziemlich seltsam, was der griechische Außenminister Nikos Dendias in einem Interview über die Offshore-Aktivitäten der Türkei im östlichen Mittelmeerraum sagte, die im Einklang mit dem Völkerrecht durchgeführt werden. „In der Tat gehört der Titel ‚verwöhntes Kind Europas‘ zu Griechenland. Und die Hölle Europas ist die griechisch-zypriotische Verwaltung, die gegen das Völkerrecht Mitglied der EU wurde und so den östlichen Mittelmeerraum zusammen mit Griechenland jahrelang destabilisierte,“, sagte das türkische Ministerium.

Der türkische Außenminister bekräftigte am 10. Juli, dass die Türkei entschlossen sei, die Rechte der türkischen Zyprer im östlichen Mittelmeerraum zu schützen  und fügte folgende Sätze hinzu: „Ein Mitglied der EU zu sein und ‚angeblich die gesamte Insel zu vertreten‘, verleihe der griechisch-zypriotischen Verwaltung nicht das Recht, die legitimen Rechte und Interessen der türkisch-zypriotischen Bevölkerung an sich zu reißen.

Laut Wiener Zeitung ist der Streit schwelt schon seit Jahren, seitdem im Mittelmeer östlich vor Zypern Erdgasvorkommen entdeckt wurden. Die Regierung in Nikosia leitete Probebohrungen ein. Die möglichen Erträge aus der Gasgewinnung sollten der gesamten Bevölkerung zukommen, hieß es. Bloß: Die Insel ist seit Jahrzehnten geteilt, und auch wenn sie in ihrer Gesamtheit Mitglied der EU ist, wird im Nordteil EU-Recht nicht angewandt. Dort sind nämlich noch immer tausende türkische Soldaten stationiert. Überhaupt ist das politisch und ökonomisch isolierte Nordzypern stark von der Türkei abhängig.

Diese sieht sich als Schutzmacht der türkischen Zyprioten an und hat deswegen selbst Probebohrungen vor der Insel gestartet. Die werden nun trotz heftiger Proteste aus Nikosia und Brüssel fortgesetzt. Den Vorwurf illegaler Handlungen gibt Ankara an Nikosia zurück. Es seien die griechischen Zyprioten, die die Erdgasvorkommen unrechtmäßig für sich vereinnahmen würden.

Daher forderte Außenminister Mevlüt Cavusoglu laut der Nachrichtenagentur Anadolu schon: „Entweder werden die Erträge fair verteilt und eine gemeinsame Lösung wird gefunden, oder die Türkei verteidigt weiterhin die Rechte der türkischen Zyprioten.“ Gleichzeitig warf er der EU eine pro-griechische Haltung vor, die die Gemeinschaft zu einem ungeeigneten Mediator machen würde.Auf der anderen Seite sagte der Aussenminister der Türkei Mevlüt Çavuşoğlu betonte auf einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Ankara  dass die Türkei ihre Bohraktivitäten im östlichen Mittelmeer fortsetzen werde: „Entweder wird der Reichtum gerecht aufgeteilt, es wird eine gemeinsame Lösung gefunden, oder die Türkei wird weiterhin die Rechte der türkischen Zyprer verteidigen“

Die Union hat tatsächlich schon mehrmals ihre Solidarität mit ihrem Mitglied Zypern betont. Ende Juni bekräftigten die Staats- und Regierungschefs im Schlussdokument ihres Gipfeltreffens, dass sie das „anhaltende rechtswidrige Vorgehen“ der Türkei im Mittelmeer „scharf“ verurteilen. Die EU-Kommission und der Auswärtige Dienst der Union sollten eine Liste möglicher Maßnahmen gegen Ankara ausarbeiten

Die Optionen liegen nun auf dem Tisch. Und Anfang der kommenden Woche könnten die Außen- und Europaminister bei einem Treffen in Brüssel darüber entscheiden. Der Entwurf, der den Politikern vorgelegt wird, sieht gleich mehrere Sanktionen vor, wie die Agentur Reuters berichtet. So könnte die EU sowohl die Verhandlungen über ein Luftverkehrsabkommen mit der Türkei als auch Zahlungen zur Vorbereitung des EU-Beitritts stoppen. Außerdem wird die Europäische Investitionsbank aufgefordert, ihre Kreditaktivitäten in der Türkei zu „überprüfen“.

In der laufenden Budgetperiode bis 2020 hat die EU für die Beitrittskandidatin knapp 4,5 Milliarden Euro an Förderungen bereitgestellt – um Reformen, landwirtschaftliche und Infrastrukturprojekte zu stützen. Im Vorjahr hat sie jedoch 175 Millionen Euro einbehalten, weil Menschenrechte und demokratische Grundwerte in dem Land abgebaut werden.

Weitere wirtschaftliche Sanktionen sind derzeit allerdings wenig wahrscheinlich. Denkbar wären beispielsweise Maßnahmen gegen Unternehmen, die an den türkischen Bohrungen beteiligt sind.

Doch wird die Gemeinschaft wohl nicht allzu harsch gegen die Türkei vorgehen. Das Land ist nämlich ein wichtiger Partner in der Verteidigungs- und Migrationspolitik. So wird Brüssel kaum riskieren, dass der Flüchtlingsdeal mit Ankara gefährdet wird. Das Abkommen sollte den Europäern nicht zuletzt dazu dienen, illegale Migration über die türkische Grenze zu mindern. Bis jetzt hat die Vereinbarung gehalten.

Der Nationale Sicherheitsrat, ein Gremium von Militär, Sicherheitsdiensten und den wichtigsten Ministern unter der Leitung Erdogans, erklärte laut Handelsblatt daher im Mai: „Die Türkei wird ihre Aktivitäten im östlichen Mittelmeer fortführen und keine vollendeten Tatsachen akzeptieren.“ Eine kaum verhohlene Drohung, dass die Türkei ihre Interessen notfalls mit Militärgewalt durchsetzen will. Schon jetzt werden Bohrschiffe, die im Auftrag Ankaras nach Gasfeldern suchen sollen, von türkischen Fregatten begleitet.

Zypriotische Politiker sind alarmiert: Zyperns Präsident Nikos Anastasiades forderte als Reaktion auf die türkischen Erdgasbohrungen Sanktionen der EU gegen die Türkei. „Wir wollen eine härtere Haltung der EU“, sagte er im zyprischen Staatsfernsehen RIK. Gegen die Besatzung des Bohrschiffs und Manager der beteiligten Firmen will Zypern internationale Haftbefehle ausstellen.

Auch andere Regionalmächte mischen beim Erdgas-Rausch mit: „Katar hat von dem Potenzial im östlichen Mittelmeer Notiz genommen“, sagt LNG-Experte Konertz. Das Land kontrolliert ein Fünftel des weltweiten Flüssiggas-Marktes. Diesen Marktanteil will das Land halten – und entwickelt zusammen mit dem italienischen Energiekonzern Eni Projekte vor der Küste Zyperns.

Saudi-Arabien wiederum unterstützt Ägypten auf der Suche nach Gas. Mit Saudi Aramco stünde den Ägyptern der weltgrößte Ölkonzern zur Seite, und auch politisch unterstützt Riad massiv Kairos Militärregime unter Präsident Abdel-Fatah al Sisi.

Immerhin: Es besteht Hoffnung, dass sich die Akteure gemeinsam auf eine Verteilung der Ressourcen einigen können. „Der rasante Ausbau der Gas-Exploration hat regionalen Dialog und Kooperationen gefördert“, sagt Konertz. So arbeiten Erdgas-Unternehmen aus den einstmals verfeindeten Staaten Ägypten und Israel bereits zusammen. Mittlerweile wollen israelische Firmen sogar in Ägypten investieren – früher undenkbar.

Ein ähnliches Modell sei auch für den Konflikt mit der Türkei nötig, sagt Ogan Kose, Managing Director bei Accenture Strategy. Er schlägt ein türkisch-zypriotisches Konsortium vor, an dem sich auch andere Länder der Region beteiligen können. „Das ist der einzige Weg“, sagt Kose. Jede andere Lösung wäre eine „Lose-Lose-Situation“ für alle Beteiligten.

Doch bis sich die Türkei, Zypern und Griechenland auf ein Konsortium zur Ausbeutung der Erdgasvorkommen einigen können, dürfte es angesichts der aggressiven Rhetorik auf allen Seiten noch ein weiter Weg sein.

USA und EU äußern „Besorgnis“

Unterdessen äußerten die USA am 9. Juli Besorgnis über die türkischen Gasexplorationsaktivitäten im Mittelmeer und forderten die türkische Regierung auf, die Aktivitäten einzustellen.

„Die Vereinigten Staaten sind nach wie vor zutiefst besorgt über die wiederholten Versuche der Türkei, Bohrarbeiten in den Gewässern vor Zypern durchzuführen, und über die jüngste Entsendung des Bohrschiffs Yavuz von der Karpas-Halbinsel. Dieser provokative Schritt erhöht die Spannungen in der Region“Wir fordern die türkischen Behörden nachdrücklich auf, diese Operationen zu stoppen und alle Parteien zu ermutigen, zurückhaltend zu handeln und keine Maßnahmen zu ergreifen, die die Spannungen in der Region verstärken“, sagte Morgan Ortagus, Sprecher des Außenministeriums in einer Erklärung.

Der türkisch-zypriotische Premierminister kritisierte am 9. Juli die Reaktion der EU auf die Explorations- und Forschungsaktivitäten der türkischen Bohrschiffe im östlichen Mittelmeer.

Ersin Tatar sagte infolgedessen in einer schriftlichen Erklärung, dass die EU von Anfang an eine pro-griechische Haltung einnimmt und die Zypern-Frage in eine noch schlimmere Pattsituation führt.

Am 7. Juli erklärte die scheidende EU-Außenpolitikerin Federica Mogherini: „Die erklärte Absicht der Türkei, eine neue Bohroperation nordöstlich von Zypern illegal durchzuführen, ist ein ernstes Problem.“ Die zweite geplante Bohroperation sei eine „weitere inakzeptable Eskalation, die gegen die Richtlinie der Souveränität von Zypern verstößt.“ (yenivatan.at)

Die Kritiker analysieren und warnen:  Die EU macht einen großen Fehler, weil:

  1. Die EU ignoriert die Existenz und die Rechte der türkischen Zyprioten, aus einer Zeit in der zypriotische Türken und Griechen zusammen in einer Föderation gelebt haben und deren Rechte in der Verfassung von Zypern von 1960 verankert sind. Die zypriotisch-griechische Seite sagt auch heute, dass die 1960 festgelegte föderative Verfassung in welcher der erste Präsident der Republik Zypern, Makarios III, im Jahre 1963, 13 Artikel der Verfassung einseitig geändert hat und somit den Zypern-Konflikt ausgelöst hat. Hier liegt in der multiplen Kausalität die erste Ursache des Problems (die Ursache und ihre Wirkungen). Wenn die EU ein Friedensstifter ist und nicht Instabilität, sondern Stabilität in die Nachbarschaftsregionen exportieren möchte, sollte sie hier aufhören einseitig willkürlich als Brandbeschleuniger zu agieren.2. Auf der anderen Seite ignoriert die EU die regionalen und legalen Ansprüche und Rechte der Republik Türkei  als Garant für die Unabhängigkeit der „Republik Zypern“, neben England und Griechenland, wie in dem London-Zürich-Abkommen von 1960 festgelegt ist. Hier sollte man wissen, dass drei Länder (nicht mehr und nicht weniger) durch das London-Zürich-Abkommen, für die Zukunft des Zypern-Konfliktes etwas zu sagen haben. Die restlichen beteiligten Länder und unter anderem auch die EU, können das Abkommen von 1960 nicht ignorieren. Bei der Gründung der föderativen Verfassung im Jahre 1960 haben die griechischen und türkischen Zyprioten eines festgehalten: Zypern darf nicht Mitglied einer Vereinigung oder eines Bündnisses werden, in welchem sowohl die Republik Griechenland und die Republik Türkei gleichberechtigte Mitglieder sind. Die EU hat hier einen großen Fehler gemacht, indem sie erst Griechenland und nachher Süd-Zypern als Vollmitglied aufgenommen hat und diesen Konflikt dadurch zu einem EU-Konflikt gemacht hat. Die EU weiß hier nun keinen Weg mehr rauszukommen, weil die griechischen Zyprioten und Griechenland allgemein die EU als Geisel genommen haben.
  1. Die Gewährung der EU-Mitgliedschaft an die griechische Seite von Zypern (Süd-Zypern), im Jahr 2004, machte das chronische Problem unlösbar. Noch dazu hat die griechische Seite auf der Insel den UN-Plan für eine föderale Lösung abgelehnt und die türkische Seite diesem zugestimmt. Warum soll nun die türkische Seite (Nord-Zypern), die den UN-Plan mit ‚ja‘ gestimmt hat, ungerecht, parteiisch und gegen die eigenen Interessen von der EU behandelt werden? Die EU hat hier seine Vermittlerrolle verloren und soll somit nicht noch mehr Benzin ins Feuer gießen.
  2. Unter dem Einfluss von den zwei griechischen Stimmen (Griechenland & Süd-Zypern) ist die EU ein Teil des Problems geworden und kann infolgedessen nicht mehr neutral und unabhängig zur Zusammenarbeit zwischen den beiden Seiten beitragen.
  3. Die Türkei hat nicht nur das Recht, ihre eigenen Völker und territoriale Rechte auf dem Festlandsockel zu schützen, sondern ist verpflichtet, die Rechte und Interessen der türkischen Zyprioten in Zypern durch das London-Zürich-Abkommen von 1960 zu verteidigen. Diese unterschriebene Vereinbarung kann die EU nicht willkürlich Makulatur erklären.
  4. Da die türkische Seite keine Optionen mehr hat, wird die EU damit leider vorsätzlich eine militärische Konfrontation in Zypern provozieren, eine Gegend die seit 1974 de facto friedlich ist. Die EU erzeugt, durch die Geiselhaft der griechisch-zypriotischen Seite, Gefahr, Unruhe zu erzeugen. Die EU sollte sich daher schnellest aus dieser Arroganz der Macht Position distanzieren und für Stabilität und Frieden zwischen beiden Konfliktparteien sorgen. Aber die EU ist de facto Brandbeschleuniger bzw. Brandstifter eines Problems geworden, bei welchem man die Gründungsidee der EU und dessen Werte, Frieden und Stabilität zu exportieren zu Grabe hält. Die EU exportiert nämlich gerade Instabilität zwischen die griechische und die türkische Seite der Insel.

 

 

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