Wiener Integrationsrat: „Zugang zu Staatsbürgerschaft massiv erleichtern“
Migrationsforscher und Ratsmitglied Rainer Bauböck bemängelt, dass die Demokratie durch das Gesetz weniger repräsentativ sei. Das restriktive Gesetz verursacht laut dem Rat ein "Demokratiedefizit". Mehr als ein Drittel der Wiener Bevölkerung sei vom Wahlrecht ausgeschlossen
Raab lehnt Forderung ab
Die Demokratie sei durch das restriktive Gesetz weniger repräsentativ, bemängelte Ratsmitglied und Migrationsforscher Rainer Bauböck in einer Aussendung: „Jüngere, einkommensschwächere und städtische Bevölkerungsgruppen haben nicht das politische Gewicht, das ihrem Anteil an der Bevölkerung entspricht. Wien hat zwar mehr Einwohner*innen als Niederösterreich, aber weniger Sitze im Parlament, weil die Sitzverteilung von der Zahl der Staatsbürger*innen abhängt.“
Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) lehnt die Forderungen nach einem „leichteren und automatischen Erhalt“ der Staatsbürgerschaft ab. Diese sei ein „hohes Gut“ und „aus guten Gründen an längeren Aufenthalt, Erfordernisse in der Integration und die wirtschaftliche Selbsterhaltungsfähigkeit geknüpft“, sagte sie in einem Statement. In einem Aufweichen sieht sie eine Gefahr für den Sozialstaat und neue Migrationsströme. Integrationsprobleme würden sich nicht in Luft auflösen, indem man Menschen die Staatsbürgerschaft verleihe, forderte Raab die Stadt Wien auf, „die Augen zu öffnen, die Integrationsthemen offen anzusprechen und in den Bezirken endlich zu handeln“.
Freiheitliche orten „Provokation“
Diese Einschätzung teilt auch Wiens ÖVP-Obmann Karl Mahrer. „Am Staatsbürgerschaftsrecht darf nicht gerüttelt werden“, pochte er in einer Presseaussendung. Die Verleihung der Staatsbürgerschaft solle „der Abschluss eines gelungenen Integrationsprozesses sein und nicht der Anfang.“ ÖVP-Wien-Integrationssprecherin Caroline Hungerländer fordert zunächst Datensicherheit. Denn die Stadt habe „bis heute keine Ahnung, wie viele Personen die Staatsbürgerschaft eigentlich schon beantragen könnten und warum sie es dennoch nicht tun“.
Auch die Freiheitlichen vertreten diese Linie. Der Wiener Landeschef Dominik Nepp sah nach den türkischen Feiern in Favoriten nach der Präsidentschaftswahl in der Türkei die Forderung nach leichterem Zugang zur Staatsbürgerschaft als eine „Provokation der Sonderklasse“. Offenbar versuchten SPÖ und Neos mit der Einbürgerung „von integrationsunwilligen und kriminellen Sozialmigranten billige Wählerstimmen zu lukrieren“. Die FPÖ fordert ein Aussetzen der Staatsbürgerschaftsvergabe für Nichteuropäer. (APA, 31.5.2023)