Bedenklicher Sprachcode Gestern: „Judenfrage“, Heute: „Türkenfrage“?

Als ich den Kurier, als jahrelanger und treuer Leser, am 24. Oktober 2009 in der Wiener Innenstadt bei meinem Stamm-Kiosk um 1,20 € gekauft habe, wurde mein Leben in zwei Teile geteilt. Sie würden mich an dieser Stelle wahrscheinlich fragen: „Warum?“. Ich beantworte Sie gerne.

Ich werde versuchen, meine Gedanken und Gefühle mit sehr einfachen Wörtern und Sätzen aufs Papier zu bringen, damit ich auch allen meinen verehrten Lesern und Leserinnen für die Meinungsvielfalt dienen kann.  Ich habe hier einen großen “EINSPRUCH”, und ohne Einspruch könnte ich keine “ANSPRÜCHE” stellen.

Als ich den Kurier, als jahrelanger und treuer Leser, am 24. Oktober 2009 in der Wiener Innenstadt bei meinem Stamm-Kiosk um 1,20 € gekauft hae, wurde mein Leben in zwei Teile geteilt. Sie würden mich an dieser Stelle wahrscheinlich fragen: „Warum?“. Ich beantworte Sie gerne. Es ist ähnlich wie in der Zeit vor und nach Christus (v. Chr. und n. Chr.). Für meine Variante gilt: vor der Kurier-Ausgabe am 24. Oktober 2009 (v. K.) und nach der Kurier-Ausgabe (n. K.). Wenn Sie sich das Titelblatt genau anschauen, werden Sie sich die Frage nach dem „Warum?“ wahrscheinlich selbst beantworten können. Woran erinnert Sie die Überschrift der Titelseite „Die türkische Frage“? Hier haben Sie meine Antwort: „Die Judenfrage“. Bei mir weckt dieser Titel historische Assoziationen mit der NS-Zeit und öffnet genügend Raum zur Anspielung darauf.

Ich möchte den Chefredakteur der Zeitung Kurier, Dr. Christoph Kotanko in aller Höflichkeit fragen, ob er sich wirklich überhaupt keine Gedanken darüber gemacht hat, dass der Titel seiner Zeitung „Die türkische Frage“, bei vielen Lesern Bauchweh verursachen könnte?  Ich kann Ihnen an dieser Stelle, als Konsument der täglich 1,20€ dafür hinblättert, nur sagen, dass ich einen Schlag in mein Gesicht bekommen habe. Stellen Sie sich vor, sie gehen zum Supermarkt und kaufen Ihre Lebensmittel, kommen zur Kassa, bezahlen und plötzlich bekommen Sie die Faust der Kassiererin zu spüren. Was würden Sie dazu sagen? Mit dem Titel „Die türkische Frage“ hat man bei den Leserinnen und Lesern die Integration der türkischen Gemeinde in Österreich, mit einem neuen Oberbegriff in den Köpfen fest einbetoniert. Wenn das Problem der Integration durch einen Begriff aus der NS- Zeit definiert ist, dann gibt es auch eine Lösung. Die Frage lautet daraufhin: Wenn man diesen Begriff verwendet, gibt es dann überhaupt eine ENDLÖSUNG?

Darf ich weiterdenken?

Ich bin, als österreichischer Staatsbürger mit türkischen Wurzeln, der Letzte in diesem Land, der die Integrationsprobleme schon seit 20 Jahren und nicht erst in den vergangenen fünf Jahren beim Namen nennt. Sie dürfen mich nicht falsch verstehen: Ich fühle mich nicht wie ein Opfer – ganz im Gegenteil – denn ich fühle mich hier in Österreich als Bürger dieses Landes mit seinen Rechten und Pflichten.

Mit der Zeit entwickelt sich eine Liebe zu diesem Land, besonders wenn ich außerhalb der Türkei bin, beginne ich Österreich zu vermissen. Ich wünsche mir für Österreich und all seinen Bürgern, egal welcher Nationalität und Glauben, von ganzem Herzen nur das Beste. Österreich ist meine geliebte neue Heimat mit all seinen Facetten.

Philosoph aus Branau am Inn

Aus diesem Grund verstehe ich nicht, wie ein Mann wie Dr. Christoph Kotanko, der in Braunau am Inn geboren wurde, Publizistik studierte, zum Doktor der Philosophie promovierte und dessen älterer Bruder sogar das goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich  für seine Tätigkeiten im Verein für Zeitgeschichte – genauer gesagt die NS-Zeit- erhalten hat, so einen Fehler begehen konnte, in dem er einen derartigen Titel in der Kurier-Ausgabe vom 24. Oktober 2009 drucken ließ.

NS-Sprachcode

Wie ist es möglich, dass man den sehr berühmten NS- Sprachcode („Die Judenfrage“) für die Endlösung des angeblichen Judenproblems für die Probleme der Integration verwendet , es auf die türkische Gemeinde im Jahre 2009 in unser Land überträgt  , wo man doch eigentlich fest davon überzeugt sein sollte, dass die NS- Zeit mit ihren Sprachcodes in den Köpfen der Menschen verschwunden ist. Liegt es etwa darin, dass in Österreich nicht genug darüber diskutiert wurde oder wird, und dass hierzulande Täter und Opfer  anders als es in Deutschland nicht klar definiert wurde. Diese Rollenverteilung gilt natürlich auch für die alte und besonders die neue Geschichte der türkischen Republik, aber bleiben wir bitte bei Österreich. Dr. Kotanko mit ungarischem (Magyaren, Hunnen, angeblich asiatische Türkenstämme) Ursprung (vaterseits, wie er selber bei einer Pressekonferenz erwähnt hat) hat ein „Urteils-Bild“ der türkischen Gemeinde in Österreich im Kopf und dieses Bild können wir als ständiger Leser, der den Kurier sehr objektiv betrachtet als negatives Vorurteil sehen. Wir, als ständige Kurierleser, haben ein großes Problem, weil Prof.Dr. Albert Einstein gesagt hat: “ Es ist leichter ein Atom zu spalten,als ein Vorurteil.” 

MEIN GOTT! IMMER DAS GLEICHE LIED: Immer wieder, immer wieder

Immer wenn eine Integration in Frage kommt, können wir gleich sehen, wie zwei Kopftuchträgerinnen mit langen Gewändern und Discounter-Tragetaschen in der Hand, durch die Straßen gehen. Für den Kurier gibt es also anscheinend keine modernen, muslimischen Türken. Man assoziiert mit türkischen Frauen automatisch Kopftücher und ähnliches. Das erinnert uns an manche Zeitungen vor dem zweiten Weltkrieg, denn immer wenn es um jüdische Angelegenheiten im In- oder Ausland ging, wurden die orthodoxen Juden stets mit Kotletten und jüdischen Hüten gezeigt. Hier könnten wir noch mehrere Beispiele geben. Von einem Beispiel aus dem Kurier jedoch, bin ich überzeugt, dass es in die Zeitungsgeschichte eingehen wird, und zwar genau jenes von dem ich Ihnen nun berichten werde: Dafür müssen Sie nur die Kurier Zeitung vor ein paar Monaten in die Hand nehmen, mit der Schlagzeile „Fremde neue Heimat“, und auf den folgenden Seiten liest man „Türken in Österreich: LANGE HIER UND TROTZDEM FREMD“. Lassen wir das hässliche Foto auf der Titelseite mit dem jungen  türkischen Mann, der eher an einen Skinhead erinnert und den Lesern Angst und Vorurteile einzementieren soll, außer Acht und schauen wir uns das Foto auf der dritten Seite genauer an.

Bild aus Istanbul in der Wiener  Gemeinde

Zu sehen sind zwei Frauen auf einem Balkon, von dem die türkische Fahne herunterhängt. Wohl bemerkt ist dieses Bild in Istanbul/Güngoren entstanden und nicht, wie es im Kurier dargestellt wird, in einem Wiener Gemeindehaus, die man gerne den LeserInnen in den Köpfen einzementieren und dadurch verteufeln will. Wie kann man zwei  türkische Frauen, die in deren Heimatstadt Istanbul “mehr als” vollständig integriert sind, in einer österreichischen Zeitung abdrucken, und es mit dem Titel „Lange hier und trotzdem fremd“ garnieren? Was denken Sie darüber?  Ich finde dies weder Journalismus noch lustig. Das ist eine schwarze Komödie mit einem erstklassigen Beispiel des Qualitätsmediums, wovon ich als Leser und Konsument der Zeitung Kurier sehr betroffen bin.  Das Foto können Sie bei der Agentur REUTERS Media von Herrn Andreas Genz (http://pictures.reuters.com) jederzeit kaufen. Unter dem Foto können sie folgendes lesen: “Die beiden Frauen sitzen auf ihrem Balkon, der mit einer türkischen Flagge verziert ist und beobachten die Situation in Istanbul, als am 28. Juli 2008 eine Bombenattacke 17 Menschenleben forderte. REUTERS/Osman Orsal”

FOTO URSPRUNG: So ein Zufall Türkischer Presserat-Präsident

Wir haben mit dem Fotografen des Bildes  aus Istanbul, Herr Osman Orsal, gesprochen und ihn danach gefragt, wie er sich dabei fühlt, wenn sein Foto aus Istanbul in der österreichischen Zeitung namens Kurier abgedruckt wurde, und zwar mit dem Titel „Lange hier und trotzdem fremd“. Seine Antwort: „Ich habe in meinem Leben sehr viele Ereignisse gesehen, gehört und auf Bildern festgehalten, aber so etwas habe ich noch nie erlebt. Mein Onkel ist der Chef des Pressrates in der Türkei und der Chefkolumnist der berühmten Zeitung Hurriyet, Herr Oktay Eksi. Bitte wenden Sie sich an ihn“. Herr Oktay Eksi war genauso verblüfft und hat uns empfohlen, uns an den österreichischen Presserat zu wenden. Er konnte auch nicht verstehen, wie man ein Bild aus der Türkei in Österreich in einem so heiklen Thema verwenden kann.

Kein Presserat in Österreich

Wir wollten uns also an den österreichischen Presserat wenden und haben dabei erfahren, dass Österreich, in der westlichen Welt das einzige Land ist, wo es keinen Presserat gibt. Er wurde 2002 aufgelöst. Wenn Sie sich also als Konsument bzw. als LeserInnen einer Zeitung über einen Bericht in Österreich beschweren wollen, können Sie das nicht. Was machen Sie also dann?

Gerichte sind sehr teuer, kosten Nerven und Zeit und sind ergebnisoffen. Vielleicht wegen  Volksverhetzung Anzeige erstatten… Es gibt in Österreich keine moralische und unabhängige Instanz, wie den Presserat, an den man sich als Opfer einer Berichterstattung wenden und beschweren kann. Egal worum es geht. Finden Sie das als Konsument (1,2 Euro zahlen wir schließlich an die Kurier) einer Zeitung richtig?

Ich zahle 1,20 € und bekomme einen Schlag

Die Zeitungen leben vom Kauf durch die Leserinnen und Leser und von Inseraten. Habe ich das nun als Konsument der Zeitung Kurier, der jeden Tag 1,20 € dafür hinblättert, verdient? Wo ist da der Konsumentenschutz?

Soll ich mich an die Inseratkunden der Zeitung wenden und fragen, ob sie MIR ihre Ware als Zeitungsleser bekanntmachen (Imagewerbung, PR,  etc.) und verkaufen wollen? Aber diese Zeitung stellt mich und alle meine Landsleute wie Parasiten dar. Sie verwendet unverschämt und ungehemmt Sprachcodes aus der NS-Zeit und blöde, beängstigende, verteufelnde Bilder, die die Integration nicht fördern können. Neben diesen Berichten möchten sie uns in ihrer Zeitung, ihre Produkte und ihre Ideen schmackhaft machen.Deswegen habe ich eine Initiative der kritischen Leser und Leserinnen und Konsumenten österreichischer Medien gegründet, die in nächster Zeit in einen Verein umgewandelt wird. Nachdem es keinen Presserat, also keine moralische Instanz, die dafür zuständig ist, gibt, an wen soll sich der Konsument der österreichischen Medien, egal welcher Nation denn dann wenden? Ein Fall für den berühmten Kommissar Derrick, aber leider ist auch er schon verstorben. Es gibt aber sicherlich gute Richter und Staatsanwälte wie in Berlin, auch in Wien… Aber man fühlt sich auf jeden Fall in seiner Haut nicht wohl nach dieser Kurier Schlagzeile und ich erhebe EINSPRUCH

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