Nazan Eckes: „Guten Morgen Abendland“

Nein, einen Beitrag zur Integrationsdebatte will RTL-Moderatorin Nazan Eckes nicht schreiben und hat neulich ein Buch veröffentlicht.

Bei der hübschen RTL Moderatorin geht es nicht darum, einen Beitrag zur Integrationsdebatte zu leisten. Trotzdem hat sie ein Buch über ihre türkische Familie in Deutschland geschrieben: „Guten Morgen, Abendland!“

„Das Zusammenleben von Deutschen und Türken ist wie eine arrangierte Ehe. Wir wurden verkuppelt, weil es wirtschaftlich notwendig war, und jetzt leben wir irgendwie nebeneinander her. Schade eigentlich“, findet Nazan Eckes. Nein, einen Beitrag zur aktuellen Integrationsdebatte soll es nicht werden. Denn die langweile sie „zu Tode“.

Vielmehr will die 34-jährige eine Familiengeschichte erzählen. „Von einer Familie, die seit zwei Generationen in Deutschland lebt, hier Fuß gefasst hat und glücklich ist.“ Es soll bei allem Negativen, das die Schlagzeilen dominiert, ein positives Beispiel für gelungene Integration sein. Die türkischstämmige Kölnerin schreibt 235 Seiten lang über Kindheitserlebnisse, die geprägt waren von der Kultur ihrer Eltern, aber auch von deren gewählten neuen Heimat Deutschland. Wie sie in der Schule schwindelte und behauptete „ich mag kein Schweinefleisch“, um nicht zugeben zu müssen, dass Muslime kein Schweinefleisch essen. Wie der Vater ihr verbot mit auf Klassenfahrt zu gehen, weil er sich Sorgen machte, was alles passieren kann, wenn Jungs und Mädchen gemeinsam unterwegs sind.

Stolz ist sie auf ihren Vater, der als einziger von 120 Migranten in den 60er Jahren einen Deutschkurs belegte. Obwohl die Eltern darauf bestanden hatten, dass die Töchter die türkische Sprache lernten, gab der Vater ihnen mit auf den Weg: „Wenn ihr nicht am Fließband enden wollt, seid gut in der Schule“. Den Rat nahm sich Nazan zu Herzen, machte Abitur und ging zunächst zum Musiksender Viva und drei Jahre später zu RTL, wo sie heute noch eine der beliebtesten und populärsten Moderatorinnen ist.

Seit 2005 moderiert Nazan Eckes samstags Explosiv-Weekend und seit 2007 ist sie Moderatorin beim RTL-Mittagsmagazin Punkt 12. 2008 moderierte sie sogar die Echo-Verleihung gemeinsam mit Talk-Master Oliver Geissen. Sie ist also nicht nur eine erfolgreiche Moderatorin im deutschen Fernsehen, sondern sie hat auch türkische Wurzeln und ist eine äußerst interessante Persönlichkeit. Wir staunten also nicht schlecht, als sie zu unserem Interview Platz nahm und über ihre Kindheit, ihren beruflichen Werdegang und ein paar private Anekdoten erzählte.

von Alina Witte

Einspruch: Wie fühlen Sie sich in ihrer Heimat Deutschland?

Nazan Eckes: Ich bin ja eine waschechte Kölnerin, trotz meiner türkischen Wurzeln. Köln ist eine sehr lebendige Stadt. Durch die vielen Touristen, die mit den günstigen Angeboten der Billigfluglinien immer öfter zu Besuch kommen, entsteht selbst in Köln im Laufe der Zeit ein südländisches Flair. Zum Beispiel das typische „Küsschen links-rechts“ haben die Kölner von den Touristen übernommen (lacht). Eigentlich ist Köln aber trotzdem nur meine zweite Heimat, denn mein Herz ist natürlich an erster Stelle in der Türkei, obwohl ich seit fast 10 Jahren nicht mehr dort war. Meine Eltern kamen vor rund 40 Jahren nach Deutschland. Wien ist nun, durch meine derzeitige Beziehung, meine dritte Heimat geworden (lächelt).

Einspruch: Darf man an dieser Stelle nachhaken? Schließlich sind Ihr Lebenspartner, wenn man ihn so nennen darf, und seine Familie keine Unbekannten in Wien!

Nazan Eckes:
(lacht) Ja das stimmt. Er heißt Julian Khol, sein Vater ist ÖVP-Politiker und Ex- Nationalratspräsident Andreas Khol. Ich habe ihn auf einem Ball in Wien kennengelernt. Es war so was wie Liebe auf den ersten Blick, wenn es das gibt. Julian ist Künstler und hat daher einen ganz anderen Hintergrund. Er kannte mich nicht aus dem Fernsehen, das ist ein spannender Kontrast finde ich.


Einspruch: Sind Sie zu Weihnachten also bei Familie Khol zu Gast?

Nazan Eckes: Ganz genau. Seine Familie ist sehr herzlich. Ich finde, dass es sehr wichtig ist, die Beziehung zu seiner Familie zu pflegen, da es sich auf den eigenen Charakter auswirkt. Julian ist zum Beispiel ein Mensch mit großen Visionen. Er verwirklicht seine Träume, auch wenn der Weg dahin schwer ist. Als Künstler schafft er jeden Tag etwas Neues und muss sich quasi immer wieder in den Hintern treten (lacht). Diese Eigenschaft mag ich sehr an ihm. Der einzige Unterschied zwischen uns besteht darin, dass ich meistens für das Fernsehen sehr früh aufstehen muss und Julian, typisch für einen Künstler, abends und sogar bis spät in die Nacht arbeitet. Aber auch das stellt kein großes Problem in unserer Beziehung dar.

Einspruch: Sie sagen Sie feiern Weihnachten, ist das mit Ihrem türkischen Hintergrund gut zu vereinbaren? Und wie fühlen Sie sich allgemein als typische „Deutsch-Türkin“?

Nazan Eckes:  Also ich finde, dass diese Bezeichnung eine Art Unwort ist. Es gibt einem ein komisches Gefühl mit zwei Kulturen aufzuwachsen und sich dauernd entscheiden zu müssen, wo man sich eher zugehörig fühlt. Ich kann nur sagen, dass Deutschland mein Zuhause ist, aber in der Türkei fühle ich mich daheim. Ich bekomme noch immer eine Gänsehaut sobald ich mit dem Flugzeug in der Türkei lande. Als Teenager war das allerdings nicht so. Ich bin in einem sehr deutschen Umfeld groß geworden und hatte kaum türkische Freunde. Ein bisschen Sehnsucht hatte ich ab und zu schon, aber dafür habe ich perfekt Deutsch sprechen gelernt und es hat auch zu meiner Denkweise beigetragen. Meine Eltern haben, als sie nach Deutschland kamen, ganz bewusst eine Wohnung in einem Viertel gesucht, in dem nicht gar so viele Ausländer leben. Das hatte aber auf keinen Fall damit zu tun, dass sie ihre Heimat leugnen wollten.

Sie fragen wie und ob ich Weihnachten feiere? (schmunzelt) Also früher haben meine Eltern nicht mit uns gefeiert, aber sie haben im Laufe der Zeit die Wichtigkeit dieses Festes erkannt, da meine Geschwister und ich in der Schule und im Kindergarten natürlich auch dazu gehören wollten und über Geschenke und den ganzen Festtagskram reden wollten. Ich erinnere mich an eine Situation als Kind, in der ich meine Mutter vollgeheult habe, nur um am Nikolaustag meine Stiefel rausstellen zu dürfen. Meine Eltern haben dann eine Mittellösung gefunden, ohne dabei die türkische Religion zu verlieren. Wir haben also begonnen Weihnachten nicht wirklich zu feiern, aber es gab für jeden von uns Kindern ein Geschenk, damit wir uns unter unseren Freunden nicht ausgeschlossen fühlen mussten.


Einsp
ruch: Als deutsch-türkische Moderatorin haben Sie ja auch so etwas wie eine Vorbildwirkung. Wie sehen Sie die Unterschiede zwischen den Türken in Deutschland, Österreich und zum Beispiel Istanbul?

Nazan Eckes:
Ich hatte nach dem Abitur wirklich großes Glück. Ich musste mich entscheiden zwischen der einmaligen Möglichkeit ein Praktikum bei RTL zu machen oder mein Studium der Politik, Geschichte und Sozialwissenschaften zu beginnen. Ich habe den riskanten Weg gewählt und habe nach dem Praktikum erst beim Wetter begonnen, dann wechselte ich zu den Nachrichten bei RTL 2. Nun bin ich wieder bei RTL und moderiere neben Frauke Ludowig „Explosiv Weekend“ und das Mittagmagazin mit Katja Burkhart. Ich bin auf meine Entwicklung sehr stolz und habe es nie bereut. Zu meiner Vorbildwirkung kann ich nur sagen, dass ich oft gefragt werde, wie ich das alles geschafft habe. All den jungen Türken, sowohl in Deutschland, als auch in Österreich möchte ich zeigen, dass sie alle Möglichkeiten und Türen, die sich ihnen öffnen, erkennen und sich etwas zutrauen sollen. Sie sind keine Menschen zweiter Klasse, sie müssen ihre Träume verwirklichen und dürfen sie nie aus den Augen verlieren.


Einspruch: Haben Sie für die Zukunft schon neue Projekte geplant?

Nazan Eckes: Ja, es gibt seit März 2010 ein neues Reportageformat namens „Nazan echt persönlich!“. Um dieses Format noch besser zu etablieren, werde ich mich mit Promis wie Eva Padberg, Vladimir Klitschko oder auch Rainer Calmund treffen, um für die Zuschauer ganz private Fragen zu stellen und eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Später wird es die Rubrik wahrscheinlich auch mit zwar unbekannten aber nicht weniger interessanten Leuten geben. Zum Beispiel mit Missbrauchsopfern oder Menschen mit einer Behinderung, die trotz ihres schweren Schicksals Erfolge feiern und sich über das Leben freuen.

Einspruch: Was würden Sie sagen, ist die Voraussetzung für Ihren Beruf?

Nazan Eckes: An erster Stelle steht das Feingefühl im Umgang mit den Menschen. Wenn man die Möglichkeit bekommt Menschen ganz privat zu interviewen und einen direkten Bezug zu ihnen zu bekommen, muss man sein Gegenüber respektieren können und bestimmte Grenzen einhalten. Es ist eine ganz andere Erfahrung als nur im Studio vor einer Kamera zu stehen und seinen Moderationstext aufzusagen. Vor einem Interview hilft es zum Beispiel sich zu einem Essen zu treffen, das nimmt den meisten Menschen die Angst und schafft eine gute und lockere Ebene, ohne dabei das Gefühl zu haben ausgequetscht zu werden.

Einspruch: Da Sie jetzt regelmäßig in Wien sind, was würden Sie sagen sind die Unterschiede zu der deutschen Bevölkerung?

Nazan Eckes:
(lacht) Das ist eine sehr gute Frage. Ich würde sagen, der größte Unterschied ist die Mentalität. Die Wiener sind so unglaublich höflich, oft habe ich das Gefühl, dass es ihnen gar nicht bewusst ist. In Deutschland ist manchmal alles sehr laut und schnell ist jeder mit dir per Du. Das könnte einem in Wien nicht passieren. Jeder hält dir die Tür auf und grüßt freundlich, außerdem sind die Wiener viel entspannter und ruhiger als zum Beispiel die Kölner. Natürlich ist auch die Sprache ganz anders. Ich habe zwar erst ein paar Wörter aufgeschnappt, aber ich finde es sehr lustig. Zum Beispiel wurde mir für den heutigen Termin mit Ihnen am Telefon beschrieben, ich solle die linke „Stiege“ nehmen. Später wurde mir klar, dass damit „Treppe“ gemeint war (lacht).


Einspru
ch: Vielen herzlichen Dank Frau Eckes für dieses interessante und charmante Interview!

Nazan Eckes:
Dankeschön, bis zum nächsten Mal in Wien!

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