Grüne Abgeordnete Zadic wegen übler Nachrede verurteilt. Fragen?

Zadic habe „nicht ausgewogen berichtet und dadurch die journalistische Sorgfaltspflicht nicht eingehalten.“ Stimmt, aber Alma Zadic ist kein Medium. Gelten für alle Menschen, die soziale Medien nutzen, die selben Bedingungen und scharfen Richtlinien wie für Medienunternehmen?

Die nunmehrige grüne Abgeordnete Alma Zadic ist gestern am Wiener Straflandesgericht wegen übler Nachrede zu einer Zahlung von 700 Euro verurteilt worden. Sie hatte auf Twitter Fotos eines Burschenschafters geteilt, der Donnerstagsdemonstranten vom Fenster aus den Hitlergruß gezeigt haben soll. Sie kommentierte das Bild mit „Keine Toleranz für Neonazis, Faschisten und Rassisten“.

Der Mann bestreitet den Hitlergruß, diesbezügliche Verfahren wurden eingestellt. Er sagte, unter den Demonstranten Schulfreunde erkannt und diesen zugewunken zu haben.

Der Burschenschafter klagte Zadic medienrechtlich. Zadic’ Anwältin, Maria Windhager, meldete volle Berufung an. Der Rechtsvertreter des Antragstellers gab keine Erklärung ab, das Urteil ist somit nicht rechtskräftig. Abgewiesen wurden die Anträge, den Identitätsschutz und die Unschuldsvermutung des Antragstellers verletzt zu haben, da der junge Mann nach dem Vorfall selbst an die Öffentlichkeit ging.

„Was geht auf Twitter, was nicht?“  fragt Thomas Walach und analysiert das Urteil wie folgt: 

„Das Urteil wirft wichtige Fragen über Soziale Medien auf. Das Tolle an Facebook, Twitter und Co. ist doch: Fast Jeder kann seine oder ihre ganz persönliche Sicht auf die Welt unkompliziert veröffentlichen. (Dass die großen Internet-Konzerne sich dafür das WWW und unsere Daten unter den Nagel reißen, ist die Schattenseite der schönen neuen Netzwelt.) Richter Thomas Spreizer könnte dieser Art des Bürgerjournalismus durch sein Urteil ein Ende gesetzt haben.

Kein Hitlergruß, „nur Spaß gemacht“?

Was ist geschehen? Am 24. Jänner 2019 zog eine linke Demonstration am Haus der rechtsextremen Burschenschaft Gothia Wien vorbei. Mit Feuerwerkskörpern entzündeten Demonstranten die Fahne der Verbindung. Aus einem Fenster des Verbindungshauses zeigte ein Burschenschafter eine Geste, die ohne viel Phanatsie als Hitlergruß gesehen werden kann. Der junge Mann bestreitet das: Er habe nur gewunken und „Spaß gemacht, weil Freunde mit demonstriert haben.“ Wie viele und welche, das weiß er nicht mehr. Die Geschichte ist ungefähr so glaubwürdig wie die Jungfrauengeburt Christi.

Aber: Es ist nicht Aufgabe von Privatleuten, andere zu diffamieren. Genau das tat die Ex-Liste-Pilz- und nunmehrige grüne Abgeordnete Alma Zadic nach Ansicht des Gerichts. Zadic postete auf Twitter ein Bild von dem Geschehen und kommentierte es mit den Worten „Keine Toleranz für Neonazis, Faschisten und Rassisten“. Damit habe Zadic dem Burschenschafter „pauschal verächtliche Eigenschaften zugeschrieben“, argumentiert Richter Spreizer und hat damit Recht. Seltsam, dass der Juristin Zadic so ein Fehltritt passiert.

Weitreichende Folgen für Soziale Medien

Der Richter ging in seiner Urteilsbegründung aber noch weiter. Der Burschenschafter hatte kurz nach dem Vorfall erklärt, er habe keinen Hitlergruß gezeigt. In Zadics Tweet wird diese Erklärung nicht berücksichtigt. Zadic habe „nicht ausgewogen berichtet und dadurch die journalistische Sorgfaltspflicht nicht eingehalten.“ Stimmt, aber Alma Zadic ist kein Medium. Gelten für alle Menschen, die soziale Medien nutzen, die selben Bedingungen und scharfen Richtlinien wie für Medienunternehmen?

Dann drohen Klagen gegen alles und jeden – mit guten Aussichten auf Erfolg. Zadic tun die 700 Euro Strafe, zu der sie verurteilt wurde, nicht weh. Aber für die Nutzer Sozialer Medien könnte es in Zukunft sehr ungemütlich werden. Ist Richter Thomas Spreizer das bewusst? Wohl eher nicht. Neuland, dieses Internet…“
( Quelle: Zackzack.at, Bild: Wikipedia)

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