NR-Wahl: Integration und Migration zentrale Wahlkampf-Themen

Wien -Österreich wählt am 15. Oktober ein neues Parlament. Im Wahlkampf spielen die Themen Migration und Integration eine zentrale Rolle. MigrantInnen werden von den meisten Parteien jedoch nicht dezidiert als Zielgruppe angesprochen. Dies ergab eine Nachfrage der Medien-Servicestelle Neue Österreicher/innen (MSNÖ) bei den fünf im Nationalrat vertretenen Parteien (SPÖ, ÖVP/Liste Sebastian Kurz, FPÖ, Die Grünen, NEOS).

Wie stehen die Parteien grundsätzlich zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge? Welche Meinungen vertreten sie in puncto Sozialleistungen? Für welche Konzepte bei der Flüchtlings- und Integrationspolitik stehen die Parteien? Und wird Österreich überhaupt als Einwanderungsland wahrgenommen? Die MSNÖ fasst die Positionen der Parteien zu Migration, Integration und Asyl zusammen.

MigrantInnen keine dezidierte Zielgruppe – FPÖ: Österreich kein Einwanderungsland

Menschen mit Migrationshintergrund werden als Zielgruppe im Wahlkampf nicht dezidiert angesprochen. So erklären SPÖ, die Grünen sowie die NEOS, dass alle Menschen, die die Inhalte der jeweiligen Parteien teilen, angesprochen sind – und das unabhängig vom Migrationshintergrund. Vonseiten der FPÖ heißt es, dass „um alle Österreicher“ geworben wird. Die ÖVP gibt hingegen an, um MigrantInnen zu werben und betont dabei, dass im Wahlprogramm viele Ansätze zu finden seien, die „legal in Österreich lebende Migranten unterstützen“.

Die MSNÖ fragte die Parteien, ob Österreich ein Einwanderungsland ist bzw. war. Fast alle antworten mit Blick auf die Geschichte sowie auf die aktuellen Ereignisse (die NEOS werfen diesbezüglich sogar einen Blick in die Zukunft) mit „ja“. Einzig die FPÖ antwortet mit einem einsilbigen „nein“. SPÖ, die Grünen sowie die NEOS heben zusätzlich hervor, dass von der Zuwanderung auch profitiert wird bzw. MigrantInnen ein „wichtiger und wertvoller Bestandteil der österreichischen Gesellschaft sind“ (SPÖ).

 

War/Ist Österreich Einwanderungsland? Wird um MigrantInnen geworben?
SPÖ ja Migrationshintergrund spielt keine dezidierte Rolle
ÖVP/ Liste Sebastian Kurz ja ja, um „legale Migranten“
FPÖ nein „werben um alle Österreicher“
Grüne ja Migrationshintergrund spielt keine dezidierte Rolle
NEOS ja Migrationshintergrund spielt keine dezidierte Rolle

Geteilte Meinungen bei Aufnahme weiterer Flüchtlinge

Geht es um die generelle Frage, ob Österreich weiterhin Flüchtlinge aufnehmen soll, gibt es vonseiten der FPÖ ein klares „nein“ – mit dem Hinweis, dass Österreich im Vergleich zu anderen Ländern genug geleistet habe, während die Grünen und die NEOS mit Blick auf die Menschenrechte und die Genfer Flüchtlingskonvention mit „ja“ antworten. Die Antworten der derzeitigen Regierungsparteien sind weniger eindeutig: Geht es nach der ÖVP sollen illegalen MigrantInnen zurückgestellt werden, vonseiten der SPÖ heißt es, dass Österreich seine „Pflicht übererfüllt“ hätte, an einer fairen Verteilung auf die EU-Staaten werde aber auch Österreich seinen Teil leisten.

 

Klarere Antworten gibt es auf die Frage, ob die sogenannte Obergrenze sinnvoll ist. ÖVP und SPÖ, also jene Parteien, die die Obergrenze eingeführt haben, stehen nach wie vor zu diesem Beschluss. Dagegen stellen sich die Grünen, die NEOS und die FPÖ – letztere mit dem Hinweis darauf, dass die Obergrenze „Lug und Trug“ sei.

 

Obergrenze der Asylanträge sinnvoll? Aufnahme weiterer Flüchtlinge?
SPÖ ja „Pflicht übererfüllt“ –ja zu fairer EU-Verteilung
ÖVP/ Liste Sebastian Kurz ja Keine illegale Migration
FPÖ nein nein
Grüne nein ja
NEOS nein ja

Verschiedene Ansätze bei Sozialleistungen – Grüne gegen Kürzungen

Bei der Frage, ob Sozialleistungen gekürzt werden sollen, sprechen sich einzig die Grünen komplett gegen eine Kürzung aus, da Österreich völkerrechtlich verpflichtet sei, anerkannte Flüchtlinge wie österreichische StaatsbürgerInnen zu behandeln. Grundsätzlich gegen eine Kürzung ist auch die SPÖ, bei Nicht-Teilnahme am verpflichtenden Integrationsjahr seien jedoch finanzielle Sanktionen vorgesehen.

Die NEOS wollen die Mindestsicherung an eine Wohnsitzauflage koppeln, um Geflüchtete in ganz Österreich zu verteilen. Zudem solle vermehrt auf Sach- statt Geldleistungen umgestiegen werden

Die ÖVP präsentiert das Konzept „Mindestsicherung light“. Anspruch zur vollen Mindestsicherung sollen demnach erst Personen erhalten, die fünf Jahre rechtmäßig in Österreich leben und mindestens zwölf Monate lang einer Vollzeitbeschäftigung nachgegangen sind. Davor soll die Mindestsicherung 560 Euro pro Person betragen (inklusive Grundversorgung). Die Auszahlung wird zudem an Integrationsziele geknüpft.

Für einen strikteren Kurs bei den Sozialleistungen ist die FPÖ: Sozialleistungen sollen ausländische StaatsbürgerInnen erst nach mindestens fünfjähriger Beitragszahlung erhalten. In der Grundversorgung soll von Geld- auf Sachleistungen umgestiegen werden.

 

Kürzung von Sozialleistungen
SPÖ Nein (außer bei Weigerung der Teilnahme am verpflichtenden Integrationsjahr)
ÖVP/ Liste Sebastian Kurz „Mindestsicherung light“ (keine volle Mindestsicherung)
FPÖ Zugang erst nach fünfjähriger Beitragszahlung und Grundversorgung mit Sachleistungsbezug
Grüne nein
NEOS Koppelung der Sozialleistungen an Wohnsitzauflage und mehr Sachleistungen/weniger Geldleistungen

 

Konzepte zur Integrations- und Flüchtlingspolitik

„Je schneller Integration funktioniert und je schneller sich Menschen selbst erhalten können, desto besser für alle“, so die SPÖ. Das Integrationsjahr sei zentral, aber auch der Kampf gegen Extremismus und Radikalisierung müsse in einem Integrationskonzept Platz finden.

 

Bezüglich der Flüchtlingspolitik verweist die SPÖ auf den 7-Schritte Plan, der im Juli 2017 präsentiert wurde. Dazu gehören die Einrichtung von Asylverfahrenszentren außerhalb Europas, die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in den Herkunftsländern, die Vereinheitlichung des gemeinsamen europäischen Asylsystems, die gleichmäßige Verteilung von Flüchtlingen, verstärkte Rückführungen sowie die Intensivierung von Informationskampagnen in den Herkunfts- und Transitländern.

 

Im Zuge zum Bekenntnis Österreichs als Einwanderungsland hebt auch die ÖVP hervor, dass Zugewanderte schnellstmöglich integriert werden sollen. Ausschlaggebend ist dafür das Konzept „Integration durch Leistung“: Jede Person solle unabhängig von ihrer Herkunft nach Leistungen beurteilt werden. „Fördern und Fordern durch eine Mitwirkungspflicht“, heißt es vonseiten der ÖVP. Neben den Rechten, die aus Integrationsmaßnahmen und Förderprogrammen bestehen würden, gebe es für Geflüchtete im Rahmen der Integrationsvereinbarung festgelegte Pflichten. Zentral seien dabei die Bereiche Spracherwerb, Arbeitsmarkt sowie die Wertevermittlung.

 

In der Flüchtlingspolitik setzt die ÖVP auf einen verstärkten Schutz der Außengrenzen. Menschen, die sich illegal auf den Weg nach Europa machen, sollten sofort wieder zurückgestellt werden. Gleichzeitig gelte es im Rahmen von Resettlement-Programmen eine ausgewählte Zahl von Flüchtlingen direkt aus den Kriegsgebieten nach Europa zu holen.

 

Im Vordergrund der FPÖ-Integrationspolitik steht die Bewahrung „unserer Bräuche und Traditionen“. Diese sowie die hier geltenden Gesetze, die Sprache, Sitten und Werte müssten Zugewanderte kennen und respektieren. In puncto Sprache setzt sich die FPÖ für einen aktiven Spracherwerb und eine selbstständige Finanzierung aus. Zudem soll Deutsch bereits vor dem Schuleintritt beherrscht werden, mit Vollendung des dritten Lebensjahres sollen verpflichtende Sprachstandserhebungen durchgeführt werden. Bei mangelnden Deutschkenntnissen fordert die FPÖ ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr. Weitere Punkte betreffen u.a. ein Kopftuchverbot im öffentlichen Raum, die Imam-Ausbildung soll durch staatliche Einrichtungen erfolgen, islamische Kinder- und Bildungseinrichtungen sollen kontrolliert werden. Generell war Asyl für die FPÖ immer schon „Schutz auf Zeit“, wie die Partei betont: „Der Asylstatus von Asylberechtigten ist regelmäßig von Amts wegen, spätestens alle sechs Monate zu überprüfen“.

 

Bei der Flüchtlingspolitik hält die FPÖ nichts von einer gerechteren Verteilung innerhalb der EU, sondern strebt ein komplettes Unterbinden der „Migrationsströme“ an. MigrantInnen, die aus wirtschaftlichen Gründen nach Europa kommen, müssten abgeschoben werden. Die FPÖ tritt zudem für eine „innerkontinentale Fluchtalternative“ ein, die Asyl nur noch auf dem Kontinent vorsieht, von dem die MigrantInnen stammen. Gleichzeitig müsse in den Krisenregionen mitgeholfen werden, um diese wiederaufzubauen. Generell solle Asylrecht eine nationale Aufgabe sein.

 

Dem diametral gegenüber stehen die Positionen der Grünen. Maßnahmen sollten eine rasche Orientierung und Inklusion der Zugwanderten zum Ziel haben. Dazu zählen flächendeckende und leistbare Deutschkurse, Orientierungs-Workshops zu Leben, Arbeiten, „Do’s and Don’ts“, Bildungsabschlüsse und Qualifikationen der Geflüchteten sollen bereits beim ersten Asylinterview erhoben und danach rascher und einfacher anerkannt werden. Weiters sollen AsylwerberInnen nach höchstens sechs Monaten Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten und Flüchtlinge zur Selbstständigkeit ermutigt werden: „Eine Entrümpelung der Gewerbeordnung würde es Flüchtlingen wie auch ÖsterreicherInnen erleichtern, selbständig Unternehmen zu gründen und erwerbstätig zu werden“, heißt es vonseiten der Grünen.

 

Die Grünen wünschen sich zudem ein gemeinsames EU-Asylsystem, das eine gerechte Aufteilung der Geflüchteten vorsieht sowie eine Kostenteilung aller EU-Mitgliedsstaaten. Zentraler Punkt sei zudem die Bekämpfung der Fluchtursachen: Dafür müssten Österreich wie auch andere EU-Mitgliedsstaaten den Waffenhandel stark einschränken, da dieser Kriege und Fluchtbewegungen produziere. Auch die Handelspolitik gelte es gerechter zu gestalten. Zudem müssten legale Fluchtwege geschaffen werden, zum Beispiel durch die Wiedereinführung des Botschafts-Asyls.

 

Die NEOS stellen sich ein eigenes Integrationsressort vor, „das alle Aktivitäten in diesem Bereich koordiniert und für österreichweit durchgängige Konzepte vom Kindergarten bis hin zum Arbeitsmarkt sorgt“. Als zentral für die Integration sehen die NEOS den Spracherwerb, die Bildung und den Arbeitsmarkt. Daher soll es ein zusätzliches Angebot an Deutschkursen und Weiterbildungskursen geben. Der Arbeitsmarkt solle AsylwerberInnen mit hoher Bleibewahrscheinlicht nach sechs Monaten geöffnet werden. Zudem sollte es Flüchtlingen möglich sein, in Lehrlingsberufen zu arbeiten.

 

Die NEOS setzen sich auch für eine schnellere Bearbeitung der Asylverfahren ein: „Der Staat soll verpflichtet werden, das Verfahren binnen 180 Tagen in zweiter Instanz rechtskräftig abzuschließen. So haben beide Seiten rascher Klarheit“. Die Rückführungen müssten bei einem negativen Bescheid rasch durchgeführt werden. Auf EU-Ebene fordern die NEOS ein gesamteuropäisch finanziertes und solidarisches Quotensystem. An den EU-Außengrenzen brauche es zusätzliches Sicherheitspersonal sowie Erstaufnahmezentren. Die Hilfe in den Herkunftsländern ist auch für die NEOS wichtiger Bestandteil einer Flüchtlingspolitik. (MSNÖ)

 

 

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