Der schweigende Florentiner – ein Überbleibsel der kaiserlichen Geschichte
Mit dem Zusammenbruch der österreichischen Habsburgermonarchie im Jahr 1918 wurden wertvolle Juwelen heimlich ins Ausland gebracht. Ein Jahrhundert später tauchten sie in Kanada wieder auf. Laut dem deutschen Nachrichtenmagazin Der Spiegel umfasst dieser Schatz auch den legendären Florentiner-Diamanten mit einem Gewicht von 137,2 Karat. Er steht nun im Zentrum eines Eigentumskonflikts, der weit über eine Familie hinausgeht: Es ist ein Streit zwischen einer Dynastie und einer Republik. Eine Analyse und Beobachtung von Birol Kilic
Der Text wurde am 7. November 2025 in der türkischsprachigen Ausgabe der Neuen Heimat Zeitung (NHZ, Yeni Vatan Gazetesi) veröffentlicht und von uns ins Deutsche übersetzt.
von Birol Kilic, Analysen und Beobachtungen aus Wien 08.11.2025
Es gibt Geschichten, die nicht nur in Geschichtsbüchern stehen, sondern in der Zeit selbst nachhallen. Ein stiller Zeuge aus dem Schatten der Monarchie, dessen Herkunft und Haltung die Brüche zwischen Dynastie und Republik verkörpert. In seinem Schweigen liegt nicht nur Erinnerung, sondern auch die Frage nach Identität, Macht und dem Erbe vergangener Jahrhunderte.
Wenn ein Schatz, hundert Jahre lang verborgen, in einem Banksafe in der kanadischen Provinz Québec auftaucht, halten nicht nur Historiker inne – auch die Zeit selbst scheint für einen Moment den Atem anzuhalten. Der Schatz, zu dem auch der legendäre Florentiner-Diamant mit 137,2 Karat gehört, steht heute erneut im Zentrum der Eigentumsdebatten in Österreich. Doch dies ist nicht nur die Geschichte eines wiedergefundenen Juwels. Es ist eine Erzählung von Exil, Stille, Erinnerung – und von der Frage, wem Geschichte gehört.
Ein Reich, das in einen Koffer passt
Im Herbst 1918, als ein etwa 600 Jahre altes Imperium wie Österreich-Ungarn im Herzen Europas still zusammenbrach, hatten die in den Palastfluren widerhallenden Schritte den Flüsterton verdrängt.

Im Herbst 1918 entstand zwischen den Ruinen des vom Krieg erschöpften Österreich-Ungarn ein neuer Staat: Deutschösterreich. Dieser Name repräsentierte die Idee einer Republik, die aus der multinationalen Struktur des Reiches gelöst war und nur die deutschsprachigen Gebiete umfasste. Die Geburt dieser neuen Republik war jedoch nicht nur ein Regierungswechsel, sondern markierte auch den Beginn des Verschwindens der Habsburger Dynastie von der Bühne der Geschichte. Mit der Verabschiedung des Habsburgergesetzes 1919 wurden die Mitglieder des Hauses ins Exil geschickt, ihr Eigentum dem Staat übertragen, und Österreich vollzog damit auch rechtlich den Übergang von der Monarchie zur Republik.
Die neugeborene Republik war nicht nur ein politischer Systemwechsel, sondern auch eine Neuschreibung des kollektiven Gedächtnisses. Die Transformation von Deutschösterreich hin zu einem einsprachigen Nationalstaat war ein schmerzhafter, aber historisch unvermeidlicher Schritt.

Republik als Erinnerungskorrektur
Die neugeborene Republik bedeutete nicht nur eine politische Neuordnung, sondern auch eine Umschreibung der Erinnerung. Der Wandel von Deutschösterreich zu einem einsprachigen Nationalstaat war schmerzhaft, aber historisch unausweichlich. Mit der Umbenennung in Republik Österreich im Jahr 1919 begann der lange Weg, sich aus dem Schatten der Monarchie zu lösen und eine eigene Identität zu formen.
Die Erste Republik (1918–1934) war der erste tastende Versuch, diese neue Identität zu leben. Die Zweite Republik (1945–heute) entstand aus den Trümmern des Krieges und wurde zur dauerhafteren Antwort auf die Frage, was Österreich sein will. Beide Epochen sind miteinander verwoben – geprägt von der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und dem Versuch, Zukunft zu gestalten.
Das Wissen um diese schmerzhafte Gründungsphase, die bis heute von den Narben der Kriege und den Schatten der Geschichte durchzogen ist, bleibt zentral für das Verständnis Österreichs.
Für türkische Leserinnen und Leser ist folgende Information zur Zeitleiste der österreichischen Republikgründung besonders interessant, da sie mit der Gründung der Türkischen Republik verglichen werden kann – beide entstanden im Schatten des Zusammenbruchs eines großen Reiches: des Osmanischen beziehungsweise des Habsburgerreiches.
Übrigens! Wir haben das Thema in unserem Buch Rot Weiß Rot, das den Zeitraum zwischen 1914 und 1918 behandelt, als Verlag ausführlich aufgearbeitet. Unter dem Untertitel „Ausschnitte der österreichisch-türkischen Kooperation im Ersten Weltkrieg – Waffenbrüderschaft“ wurde die Darstellung auf Grundlage umfangreicher Quellen aus den Nationalbibliotheken sowie aus österreichischen und türkischen Pressearchiven in türkischer Sprache veröffentlicht. Demnächst erscheint beim Neue Welt Verlag in Wien die deutsche Übersetzung – ergänzt durch einzigartige Quellen und Anekdoten aus türkischer Perspektive.
Zeitleiste der österreichischen Republikgründung
• 12. November 1918 – Ausrufung der Republik Deutschösterreich: Nach dem Zerfall der Österreichisch-Ungarischen Monarchie wurde in den deutschsprachigen Gebieten die Republik Deutschösterreich ausgerufen.
• 3. April 1919 – Habsburgergesetz: Das Gesetz über die Ausweisung des Hauses Habsburg-Lothringen und die Übertragung ihres Vermögens an die Republik wurde beschlossen.
• 10. September 1919 – Vertrag von Saint-Germain: Der Name Deutschösterreich wurde durch die Alliierten verboten. Der neue Staatsname lautete fortan Republik Österreich.
• 1920 – Inkrafttreten der Bundesverfassung: Die erste österreichische Bundesverfassung trat in Kraft und legte die Grundlagen der parlamentarischen Demokratie in Österreich.
• 1934 – Ende der Ersten Republik: Mit der Errichtung des autoritären Ständestaats wurde die Erste Republik faktisch beendet.
• 1945 – Gründung der Zweiten Republik: Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die demokratische Republik Österreich wiederhergestellt.
• 1955 – Staatsvertrag und Neutralität: Mit dem Staatsvertrag erlangte Österreich seine volle Souveränität zurück und erklärte seine immerwährende Neutralität.
Vergleich
Zeitleiste der türkischen Republikgründung
30. Oktober 1918 – Waffenstillstand von Mudros: Mit dem Waffenstillstand von Mudros schied das Osmanische Reich faktisch aus dem Ersten Weltkrieg aus. Die Kapitulation öffnete den Weg für die Besetzung Anatoliens durch die Alliierten.
19. Mai 1919 – Beginn des Befreiungskriegs: Mustafa Kemal Atatürk landete in Samsun und leitete den nationalen Widerstand gegen die Besatzungsmächte ein. Dies markierte den Beginn des Türkischen Befreiungskriegs (Kurtuluş Savaşı).
23. April 1920 – Gründung der Großen türkische Nationalversammlung TBMM:In Ankara wurde unter der Führung von Mustafa Kemal Atatürk eine neue gesetzgebende Versammlung gegründet. Diese übernahm die politische Führung und verstand sich als einzige legitime Autorität des türkischen Volkes.
10. August 1920 – Vertrag von Sèvres: Der Vertrag von Sèvres sah die weitgehende Aufteilung des Osmanischen Reiches vor und wurde von der türkischen Nationalbewegung entschieden abgelehnt.
Wichtig: Was der Vertrag von Sèvres für das Osmanische Reich bedeutete, das waren der Vertrag von Saint-Germain für Österreich, der Vertrag von Versailles für Deutschland und der Vertrag von Trianon für Ungarn: das Ende der Imperien und der Beginn der Nationalstaaten.
Doch die Türkei unter der Führung von Mustafa Kemal Atatürk akzeptierte den Vertrag von Sèvres nicht, erklärte ihn für nichtig und schrieb durch den Befreiungskrieg ihr eigenes Schicksal neu, indem sie die Besatzungsmächte – insbesondere England, Frankreich, Russland, Italien und Griechenland – aus dem Land vertrieb. Mit dem Vertrag von Lausanne bestätigte sie ihre Unabhängigkeit, die mit der Gründung der Republik Türkei am 29. Oktober 1923 ihren politischen Ausdruck fand. Dieser historische Vorgang gilt bis heute als einzigartig und wird von einigen als unbequem für bestimmte internationale Akteure betrachtet. Nach Meinung vieler freiheitsliebender türkischer Intellektueller wird die laizistische Republik Türkei seit Jahrzehnten durch politische Islam- und Islamismus-Strömungen unterwandert – insbesondere durch indirekte Unterstützung aus Großbritannien, den USA und innerhalb der NATO-Strukturen. Ziel sei es, eine selbstbewusste Gesellschaft in Richtung religiösen Fundamentalismus zu drängen.
1. November 1922 – Abschaffung des Sultanats: Das Osmanische Sultanat wurde offiziell aufgehoben. Damit endete die über 600-jährige Monarchie. Ähnlich dem Habsburg-Gesetz aus dem Jahr 1919 in Österreich.
24. Juli 1923 – Vertrag von Lausanne: Mit dem Vertrag von Lausanne wurde die internationale Anerkennung der Republik Türkei und ihrer Grenzen gesichert. Der Vertrag ersetzte den Vertrag von Sèvres und legitimierte die neue türkische Staatlichkeit.
29. Oktober 1923 – Ausrufung der Republik Türkei: Die Republik Türkei wurde offiziell gegründet. Mustafa Kemal Atatürk wurde zum ersten Präsidenten gewählt.
3. März 1924 – Abschaffung des Kalifats: Die letzte osmanische Institution wurde aufgelöst. Die Trennung von Religion und Staat wurde vollzogen und die republikanische Ordnung in der Türkei gefestigt.
Die Geschichte der Habsburger und des Osmanischen Reiches weist de facto eine bemerkenswerte Parallele auf: Beide Dynastien existierten rund 600 Jahre und endeten mit dem Habsburgergesetz von 1919 bzw. mit der Abschaffung des Sultanats im Jahr 1922. Auch die Zeitleisten der nachfolgenden Republiken verlaufen ähnlich – mit dem entscheidenden Unterschied, dass die Republik Türkei aus einem erfolgreichen Befreiungskrieg hervorging.
Ihr „Todesurteil“ – der Vertrag von Sèvres – wurde dem Osmanischen Reich ebenso wie Deutschland in Versailles, Österreich in Saint-Germain und Ungarn in Trianon von den Siegermächten des Ersten Weltkriegs diktiert. Doch während die Geschichte der Habsburger in Österreich 1918 de facto und 1919 de jure endete, fand das osmanische Kapitel mit der Abschaffung des Sultanats im Jahr 1922 seinen endgültigen Abschluss.
Vor diesem Hintergrund stellt sich heute mehr denn je die Frage nach der politischen Philosophie von Eigentum, Republik und Dynastie – und wie diese Konzepte im Lichte historischer Erfahrungen neu gedacht werden können.‘
Ein Gesetz, das das Ende der Habsburger für immer markiert-April 1919:
Die provisorische Nationalversammlung der Republik Österreich erließ am 3. April 1919 das Gesetz, das in die Geschichte als „Habsburgergesetz“ eingehen sollte: „Gesetz über die Entlassung des Hauses Habsburg-Lothringen aus dem Staatsgebiet und die Übertragung seines Vermögens an die Republik Österreich“.
Dieses Gesetz war nicht nur eine Regelung des Eigentums, sondern auch ein politischer und symbolischer Bruch. Die neue Republik Österreich wollte die Rückkehr der Monarchie von Grund auf verhindern. Daher umfasste das Gesetz drei zentrale Bestimmungen: Exil: Alle Mitglieder der Habsburger Familie wurden auf unbestimmte Zeit aus Österreich ausgewiesen. Übertragung des Eigentums: Die Liegenschaften, Paläste, Sammlungen und Schätze des Hauses gingen in den Besitz der Republik Österreich über. Staatsbürgerschaftsbedingung: Familienmitglieder konnten nur zurückkehren, wenn sie schriftlich erklärten, die Republik anzuerkennen und auf alle politischen Ansprüche zu verzichten.
Dieses Gesetz trat am 10. April 1919 in Kraft und erhielt 1920 Verfassungsrang, wodurch es in das grundlegende Verfassungsrecht Österreichs aufgenommen wurde.
Aus der Sicht von Kaiserin Zita: Das Exil einer Königin
Die letzte Kaiserin von Österreich-Ungarn, Zita, sah dieses Gesetz nicht nur als politische Entscheidung, sondern als Demütigung. Sie und ihr Ehemann, Kaiser Karl I., waren bereits in die Schweiz geflüchtet, doch das Gesetz schloss die Türen für eine Rückkehr. Zita wusste, dass sie ihre Kinder – darunter Otto Habsburg, der später Mitglied des Europäischen Parlaments und bei der Familienbestattung 2011 im Familiengrab meine Wenigkeit ach anwesend war – niemals wieder in Wien großziehen konnte.
Die Paläste waren verloren, doch das eigentliche Verlorene war die über Jahrhunderte etablierte Legitimität einer Dynastie. Das Hauptfamiliengrab der Habsburger befindet sich unterhalb des Kapuzinerklosters in der Neumarktstraße in Wien. Über 150 Mitglieder der Dynastie ruhen hier in Särgen, umgeben von Vasen und Gedenksteinen – ein Ort, der die Spuren der Familiengeschichte über Jahrhunderte bewahrt. Zufälle boten mir als Verleger die Gelegenheit, drei Werke über bedeutende Persönlichkeiten der Habsburger-Lothringer-Familie zu veröffentlichen und die Geschichte nicht nur aus dem Zentrum des Osmanischen Reiches in Istanbul, sondern auch aus Wien zu betrachten und zu erforschen.
Letztes Jahr veröffentlichten wir unter anderem das Werk „Die Ritter Konstantins – Geschichte des Konstantinordens“ mit Osmanen und Sultan Mehmed II. in der Vorrede, weitere Werke sind „Die Roten Ritter“ und „In hoc signo vinces“.
Diese Bücher behandeln vor allem die führende Rolle der friedliebenden Habsburger-Lothringer-Linie in der Schweiz und der Toskana und historisch bedeutende Ritterorden, in deren Kontext Türken und Osmanen ebenfalls eine wichtige Rolle spielten.
Dass uns diese Werke als Verlag übergeben wurden, verdanken wir unserem hohen Maß an Fachwissen, Qualitätsverständnis und der starken Infrastruktur für Prüfung, Produktion und Veröffentlichung in diesem Fachgebiet der deutschsprachigen Literatur. Die Kompetenz unseres Teams trug maßgeblich zum Vertrauen bei.
Wir hatten die Gelegenheit, die letzten Kaiser und Kaiserinnen der Habsburger-Lothringer sowie ihre Cousins und nahen Verwandten kennenzulernen. Besonders auffällig waren ihre bescheidene Haltung ohne Prunk sowie ihre hohe kulturelle und historische Bildung und Bewusstheit in Kleidung, Auftreten und Denkweise.
Das Verbot im 20. Jahrhundert
Das Habsburgergesetz der Republik Österreich, erlassen am 3. April 1919, regelte die Ausweisung des Hauses Habsburg-Lothringen und die Übertragung seines Vermögens. In der Türkei folgte rund vier Jahre später am 3. März 1924 das Gesetz Nr. 431 über die Abschaffung des Kalifats und die Ausweisung der Mitglieder des Osmanischen Hauses. Es gibt keine offizielle Urkunde oder Beratung, die beweist, dass das türkische Gesetz direkt vom Habsburgergesetz von 1919 inspiriert wurde, jedoch bestehen bemerkenswerte strukturelle und historische Parallelen.
Das Habsburgergesetz (1919) in Österreich:
Datum: 3. April 1919
Inhalt: Die Republik Österreich hob alle Souveränitätsrechte der Habsburger auf und sah ihre Ausweisung vor. Bedingung: Rückkehrer mussten schriftlich die Republik anerkennen und auf alle dynastischen Rechte verzichten. Ziel: Rückkehr der Monarchie verhindern und die Grundlagen der Republik sichern.
Das Gesetz blieb bis weit ins 20. Jahrhundert in Kraft, wurde 1935 kurzzeitig aufgehoben, aber 1945 nach der Nazi-Zeit wieder eingeführt. Bis 1996 durften einige Mitglieder der Habsburger Österreich nicht betreten. In diesem Jahr gewährte die Regierung Felix und Carl-Ludwig Habsburg die Einreise, Beschränkungen hinsichtlich Eigentum blieben jedoch weitgehend bestehen.
Das Gedächtnis einer Republik, der Schatten einer Dynastie
Das Habsburgergesetz ist nicht nur ein Dokument über ein Haus, sondern auch über die Auseinandersetzung einer Nation mit ihrer Vergangenheit. Die Republik wollte nicht nur die physische Existenz der Dynastie, sondern auch ihre historische Legitimität auslöschen. Doch die Zeit vergisst nichts. Heute wirft das Wiederauftauchen des Florentiner Diamanten nicht nur ein Licht auf ein Juwel, sondern erneut auf das Gesetz und die durch es entstandene historische Zäsur.
Der letzte Herrscher Österreich-Ungarns, Karl I., gab seiner schönen und eleganten Frau, Königin Zita, eine kleine, aber entscheidende Aufgabe: die wertvollsten Teile des über Jahrhunderte angesammelten Schatzes in einen Koffer zu legen und in die Schweiz zu bringen.
Dies war nicht nur eine Flucht, sondern auch der Schutz eines Gedächtnisses. Fünf Monate später, im März 1919, trat die kaiserliche Familie ihr Exil an. Sie nahmen nicht nur ihr Kind Otto Habsburg – später 2011 als einziger Türke an der Familienbestattung teilnehmend –, sondern auch ihre Vergangenheit mit. In dem kleinen Koffer befanden sich Elisabeths mit Diamanten besetzte Krone, Steine aus dem Erbe Maria Theresias, das Hauszeichen des Goldenen Vlieses und vor allem der riesige Florentiner Diamant von 137,2 Karat, eines der stillsten Zeugnisse der Geschichte mit gelblichem Schimmer.
Dieser Stein war nicht nur ein Juwel, sondern das letzte Licht einer Dynastie, der Widerstand einer Frau und das Symbol des Endes einer Epoche. Der Florentiner passte in diesen Koffer, trug aber tatsächlich die Ehre, das Gedächtnis und das stille Vermächtnis eines Imperiums.
Das stille Vermächtnis von Kaiserin Zita
Zita war nicht nur Kaiserin, sondern auch Hüterin der Erinnerung. Den Verkauf der Juwelen kam für sie nicht in Frage. Sie waren greifbare Teile der Geschichte. Daher verfügte sie, dass ab dem Tod ihres Mannes 1922 dieser Schatz mindestens 100 Jahre lang nicht öffentlich gemacht werden dürfe. Zitas Stille war nicht nur Sicherheitsmaßnahme, sondern Vorbereitung auf eine spätere Konfrontation, die 2024 durch Informationen von Cousins Karl Habsburg-Lothringens begann.
Ein Geheimnis in Kanada
Die Familie erreichte 1940 Kanada, flüchtend vor der Nazi-Verfolgung. Die Juwelen wurden in einem Banksafe in Québec verwahrt. Jahrzehnte lang kannten nur wenige Personen ihren Standort. Der Florentiner Diamant galt seit den 1920er Jahren als verschollen. Jetzt taucht er wieder auf. Christoph Köchert, sechste Generation einer Familie, die seit 1814 für den Habsburger Hof Juwelen fertigt, reiste nach Kanada und untersuchte den Stein. Schliff und Muster stimmten exakt mit historischen Quellen überein. Die Legende wurde zur Realität.
Florentiner: Die Philosophie eines Steins
Der Florentiner Diamant ist nicht nur ein Schmuckstück, sondern eine Erzählung. Eine Reise von der Toskana nach Österreich, vom Hofburg nach Schweiz und Kanada. Gerüchte um den Diamanten – gestohlen, zerteilt, verkauft – spiegeln kollektives Unterbewusstsein über die von der Dynastie vergessene Vergangenheit. Der Diamant gelangte über Franz Stephan von Lothringen in den Besitz der Habsburger, der Name „Florentiner“ stammt daher. Bis zum Ersten Weltkrieg war der Stein in der Gewölbehalle der Hofburg ausgestellt, mit dem Zusammenbruch der Monarchie verschwand er in den Schatten der Geschichte.

Die Philosophie des Eigentums – Republik oder Dynastie?
Heute steht der Stein nicht nur im historischen, sondern auch im juristischen Zentrum einer Debatte. Die Habsburgergesetze von 1919 und 1921 erklärten sämtliches Dynastievermögen zum Eigentum des Staates. Diese Gesetze gelten auch, wenn sich die Juwelen im Ausland befinden. Kulturminister Andreas Babler erklärte, dass man die kanadische Botschaft kontaktiere, um nachzuweisen, dass der Florentiner der Republik Österreich gehört. Sollte das Eigentum an Österreich übergehen, wäre dies nicht nur ein Diamant, sondern die Rückgabe einer Vergangenheit.
Die Habsburger wollen die Juwelen jedoch in Kanada ausstellen. Kanada habe der Familie 1940 Zuflucht gewährt und jetzt ihre Vergangenheit beherbergt. Die Juwelen sollen im Rahmen eines Treuhandfonds der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Es ist nicht nur eine Ausstellung, sondern ein Dankeschön. Doch dieses Dankeschön steht im Schatten eines juristischen Konflikts. Ein Stein, gefangen zwischen den Gesetzen der Republik und dem Gedächtnis der Dynastie: Florentiner.
Und vielleicht ist die entscheidende Frage:
Definiert ein Juwel allein, wem es gehört?
Oder sind nicht auch die Absicht der Hände, die es tragen, die Dauer des Schweigens, das es schützt, und das Gewissen des Landes, das es beherbergt, Teil seines Eigentums?
Ich weiß es nicht… Diese Entscheidung überlasse ich Ihnen. ( Birol Kilic, 08.11.2025)
Quellen



