TKG ist gegen Anerkennung als Volksgruppe In Österreich

Die Türkische Kulturgemeinde in Österreich (TKG) hat folgende Erklärung bezüglich der Anerkennung der aus der Türkei stammenden Menschen als Volksgruppe in Österreich veröffentlicht:

Die in den letzten Tagen durch diverse Medien kolportierte Forderung nach einer Anerkennung als Volksgruppe in Österreich bezüglich den Menschen sowohl aus der Türkei als auch aus anderen Ländern kommt für die Türkische Kulturgemeinde in Österreich (TKG) nicht in Frage. Inoffiziell leben in Österreich ca. 450.000 Menschen aus der Türkei (Neugeborene von österreichischen Staatsbürger:innen mit einberechnet).

Wir kennen aus unserer Umgebung bis jetzt niemanden, der so eine Anerkennung als Volksgruppe verlangt. Wir kennen aber sehr viele Leute, die sich aufgrund von Diskriminierungen und Ungleichbehandlung beschweren, was in den letzten Jahren vermehrt auftritt. Das sind Probleme, die man durch offene, konstruktive und zielführende Gespräche für das Wohl des Landes und des Zusammenlebens, lösen kann. Diskriminierungen auf Beamtenebene, in der Schule, Arbeitswelt und bei der Wohnungssuche sind die häufigsten Probleme.

In der österreichischen Verfassung unter Artikel 8.1. heißt es: „Die deutsche Sprache ist, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte, die Staatssprache der Republik.“

Und unter der Bundesverfassung Artikel 8.2 steht folgendes:
„Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zu ihrer gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt, die in den autochthonen Volksgruppen zum Ausdruck kommt. Sprache und Kultur, Bestand und Erhaltung dieser Volksgruppen, sind zu achten, zu sichern und zu fördern. “
Die burgenländischen Kroat:innen, die Kärntner Slowen:innen, die Roma und Sinti und die Slowak:innen haben eine ganz andere Vergangenheit in Österreich und sind als Volksgruppen anerkannt.

Die aus der Türkei stammende Volksgruppen sind keine autochthonen (einheimisch, alteingesessen) Volksgruppen in Österreich und deshalb sollte man die aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg auf einer traurigen Geschichte aufbauenden Gesetze der Republik Österreich nicht strapazieren.

Die Austrotürk:innen in Österreich sollten nach Meinung der TKG eher erst ihre Rechte, besonders gegenüber Diskriminierungen, Ungleichbehandlung, nicht ernst genommener Chancengleichheit in Österreich mit der mehrheitlichen Bevölkerung offen diskutieren (offene Gesellschaft).

Die aus der Verfassung gewonnenen Rechte der Gleichbehandlung und eine würdevolle Behandlung wehrhafter Demokraten, die für die freiheitlich demokratische rechtsstaatliche Grundordnung in Österreich einstehen, sollte man noch lauter verlangen. Das ist Demokratie.

Wir verlangen als TKG in aller Freundschaft gegenüber den Menschen aus der Türkei, nicht unter dem Vorwand Erdogan Kritik bzw. IS bzw. politischen Islam pauschal anzugreifen oder zu hetzen. Bis jetzt hat das nichts gebracht – ganz im Gegenteil, es hat die fundamentalistischen Kräfte innerhalb der Community bestärkt. Die Mehrheit der Menschen aus der Türkei, die ihren Lebensmittelpunkt in Österreich haben, schätzen und lieben Österreich als Heimat und möchten ebenbürtige Bürger:innen dieses Staates werden. Sie möchten unter keinen Umständen die Probleme aus der Türkei bzw. aus anderen Ländern nach Österreich importiert sehen.

 

Fakt ist:

Man geht davon aus, dass eine Volksgruppe dann vorliegt, wenn sie seit mindestens drei Generationen im Land lebt und sich eine eigene Sprache und Kultur bewahrt hat. „Das würde dafür sprechen, dass man in Zukunft auch Türken und Serben als Volksgruppe anerkennen muss“, meint Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk. Die Sache sei aber strittig, so Funk. Man könne auch meinen, dass nur jene Volksgruppen anzuerkennen sind, die beim Inkrafttreten der Verfassung im Jahr 1920 im Land waren. Funk glaubt aber, dass aus Gründen der Gleichbehandlung rechtlich mehr dafür spricht, auch neue Volksgruppen anzuerkennen. Wer als Volksgruppe gilt und somit gefördert wird, legt die Bundesregierung in einer Verordnung fest. Aufgezählt sind dort die slowenische, die burgenland kroatische, die ungarische, die tschechische und die slowakische Volksgruppe sowie die Roma. Der Innsbrucker Völkerrechtler Peter Hilpold hält diese starre Einteilung in anerkannte Volksgruppen und sonstige Minderheiten für überholt. „Wir brauchen mehr Flexibilität“, betont er. Dies habe auch der zuständige Ausschuss im Europarat gefordert.(Die Presse, 08.04.2011)

1.) Zu den zentralen Aufgaben einer modernen Verfassung gehört der besondere rechtliche Schutz von Minderheiten im Staat. Angehörige ethnischer, sprachlicher, religiöser und anderer Minderheiten sollen vor Benachteiligungen geschützt werden. Die Erfahrung zeigt, dass das allgemeine Gebot, alle Menschen „vor dem Gesetz gleich zu behandeln“ sehr oft nicht ausreicht. Dies ist etwa dann schwierig, wenn ein Gesetz es nicht möglich macht, auf die spezifische Situationen einer bestimmten Bevölkerungsgruppe einzugehen.

2.) Deshalb gebietet die Bundesverfassung nicht nur die Gleichbehandlung. Sie verbietet auch Diskriminierung, also die nachteilige Behandlung von jemandem, ohne, dass es dafür einen sachlichen Grund gibt.

3.) Vor allem die Frage der Aufstellung von zweisprachigen Ortstafeln hat immer wieder Anlass zu Konflikten gegeben, die schließlich vom Verfassungsgerichtshof entschieden werden mussten. Andererseits wurde im Bereich des Schulunterrichts und der Volksgruppenförderung sehr viel erreicht und umgesetzt.
Die Volksgruppenrechte schützen allerdings nur jene Minderheiten und deren Angehörige, die als Volksgruppen anerkannt sind und die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Menschen, die aus anderen Ländern nach Österreich gekommen sind und hier leben, können diese Rechte nicht in Anspruch nehmen, auch wenn sie schon Staatsbürger:innen sind.

4.) Zu den Rechten der Volksgruppen zählt heute, dass sie ihre Muttersprache als Amtssprache bei Ämtern und Behörden gebrauchen können. Es gibt spezielle Bestimmungen für den Schulunterricht, die Sprachen- und die Kulturförderung. Ebenso müssen in Gebieten, in denen ein bestimmter Anteil an Volksgruppenangehörigen lebt, zwei- oder mehrsprachige Ortstafeln und Hinweisschilder angebracht werden.

 

Mehr:

https://www.parlament.gv.at/PERK/VERF/VOLK/

https://www.diepresse.com/648970/volksgruppen-in-zukunft-auch-turken-anerkennen

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