Studie: Die Toleranz der Österreicher nimmt ab

  • Österreichweite Studie ermittelte Toleranz gegenüber Religion, ethnischer Herkunft und Hautfarbe, Behinderung.

  • Österreicher/-innen schätzen sich selbst als sehr tolerant ein, aber bewerten die anderen als intolerant.

  • Vergleichswerte verschlechtern sich zu Studienergebnissen aus dem Jahr 2015.

  • Ethnische Herkunft und Hautfarbe sind in vielen Lebenssituationen kein Thema (mehr).

  • Aber: Mehrheitlich Intoleranz gegenüber anderen Religionen ist vorhanden und verschlechtert sich.

Wien – Anlässlich des 72-jährigen Jubiläums der Befreiung vom nationalsozialistischen Regime hat das Mauthausen Komitee Österreich Vergleichswerte zur Toleranzstudie von 2015 erhoben. „Toleranz ist ein Grundpfeiler der Demokratie und das Bollwerk gegen totalitäre Handlungsmuster und Regime“, so der Vorsitzende des Mauthausen Komitees Österreich, Willi Mernyi, zum Hintergrund der Studie.

Das Meinungsforschungsinstitut meinungsraum.at hat dazu 500 Österreicherinnen und Österreicher zu den aussagekräftigsten Fragen aus dem Jahr 2015 erneut befragt – gegliedert in die Bereiche ethnische Herkunft und Hautfarbe, Religion und der Zusatzfrage „Was definiert eine/n Österreicher/-in?“.

Besorgniserregende Ergebnisse: Österreicher/-innen weniger tolerant

Die Studie stellt eine minimale Verschlechterung der Toleranzwerte in den vergangenen zwei Jahren fest. So sind die Werte im Bereich der ethnischen Herkunft und Hautfarbe sowie die Religion betreffend zwischen zwei und zehn Prozent schlechter geworden. 2015 hatten fast drei Viertel der Landsleute (78 %) kein Problem damit, wenn der operierende Arzt im Krankenhaus aus der Türkei stammt – sind es 2017 nur mehr 73 Prozent, die daran keinen Anstoß nehmen. Auch auf die Frage ob es stört, wenn die Verkäuferin in einem Lokal ein Kopftuch trägt, wurden die Befragten weniger tolerant. 2015 bejahten das nur 42 Prozent, 2017 hingegen schon 44 Prozent und somit fast die Hälfte der Befragten.

Auch beim Thema Religion blieb, wie schon vor zwei Jahren, die deutliche Mehrheit intolerant – insbesondere gegenüber Muslim/-innen und dem Islam.  So ist bei der Frage um den Bau einer Moschee in der Nachbarschaft die Abneigung von zwei Drittel der Befragten (64 %) auf drei von vier Landsleuten (71 %) gestiegen. 41 Prozent lehnen es total ab eine Moschee in der näheren Wohnumgebung zu haben. Anders verhält es sich, wenn ein buddhistisches Zentrum in der Nachbarschaft Einzug hält. Hier fühlen sich nur die Hälfte der Österreicher/-innen (44 %) gestört und nicht mal ein Fünftel (19 %) lehnt es komplett ab.

In der Wahrnehmung zwischen Selbstbild und Fremdbild hat sich im Vergleich zu 2015 kaum etwas geändert. Noch immer schätzen die Österreicher/-innen sich selbst als sehr tolerant ein und bewerten die Mehrheit ihrer Landsleute als intolerant.

„Wie wir an der Entwicklung der Werte feststellen können, ist die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit für die Gegenwart besonders wichtig. Nur wenn die Gräueltaten des NS-Regimes nicht in Vergessenheit geraten, kann derzeitigen populistischen und nationalistischen Entwicklungen Einhalt geboten werden. Aus diesem Grund liegt dem Mauthausen Komitee Österreich die Arbeit mit der Jugend besonders am Herzen“, so Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen Komitee Österreich und fährt fort: „denn wie schon Hans Marsalek, ein Zeitzeuge und Überlebender des KZ Mauthausen sagte ‚Wer die Vergangenheit nicht aufarbeitet kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht bewältigen’.“

Gemeinsamkeiten, unabhängig vom Migrationshintergrund, vorhanden

Neu war dieses Jahr die Frage „Was definiert einen Österreicher?“ im Zusammenhang mit dem Migrationshintergrund der Befragten. Der Großteil der Österreicherinnen und Österreicher, unabhängig von der Herkunft, sieht die Staatsbürgerschaft (75 %) und die aktive Teilnahme, wie z. B. wählen gehen, am politischen Geschehen (70 %) als maßgebende Definition der nationalen Zugehörigkeit. Vier von Fünf (79 %) sehen das Beherrschen der deutschen Sprache als einen wichtigen Punkt um als Österreicher/-in zu gelten. Jedoch 85 Prozent sehen die Bedeutung der Zugehörigkeit emotional begründet – nämlich durch die Heimatverbundenheit.

„Der Stolz Österreicher oder Österreicherin zu sein zieht sich, unabhängig davon ob ein Migrationshintergrund vorhanden ist oder nicht, durch alle Schichten, Altersgruppen und Geschlechter. Das lässt uns Hoffnung schöpfen, dass die Gemeinsamkeiten überwiegen und eine gemeinsame Zukunft, für alle Religionen und Menschen unterschiedlicher Ethnien, in Österreich möglich ist,“ so Mernyi.

Relevante Artikel

Back to top button
Cookie Consent mit Real Cookie Banner